Iván Fischer: Die Rote Färse

Über die Veranstaltung

Nachdem Chefdirigent Iván Fischer die Saison 2013/14 mit Mozarts Oper „Le nozze di Figaro“ als szenisches Konzert unter seiner Regie eröffnet hat, beschließt er sie genauso spannend und außergewöhnlich mit der Aufführung seiner neuen Oper „Die Rote Färse“. Musikalisch geht Iván Fischer verschiedene Wege: Ungarische Folklore, jüdische Lieder, vom Jazz inspirierte Musik und klassische Opernklänge vermengen sich zu einer organischen Collage, die die in fünfzig Minuten erzählte Geschichte umrahmen.

Die Handlung der Oper, die im Konzerthaus ihre deutsche Erstaufführung erlebt, beruht auf einer wahren Begebenheit aus dem 19. Jahrhundert in Ungarn, deren Aktualität bis in die Gegenwart reicht. Die so genannte Tiszaeszlár‐Affäre um einen angeblichen Ritualmord ist fest in der ungarisch‐jüdischen Geschichte verankert und wurde von Schriftstellern auch künstlerisch verarbeitet.
In Deutschland gab es seit dem 12. Jahrhundert ebenfalls zahlreiche Fälle von Ritualmord‐Beschuldigungen. Heinrich Heine beschreibt in seinem Roman‐Fragment „Der Rabbi von Bacherach“ einen solchen.
In Tiszaeszlár geschah folgendes: Am 1. April 1882 verschwand das 14‐jährige Mädchen Eszter Solymosi spurlos. Die Bewohner seines Heimatdorfs waren sich schnell einig, dass die jüdischen Dorfmitglieder mit dem Vorfall etwas zu tun haben mussten. Antisemitische Politiker und einflussreiche Bewohner bestärkten den Verdacht: Die Juden hätten Eszter zum Pessachfest geopfert. Selbst als einige Wochen später eine Leiche mit Eszters Kleidern aus dem Fluss geborgen wurde, hielten die Behörden an dem Vorwurf fest. Es kam zu einem Prozess, der sich hauptsächlich auf die Aussage des 13‐jährigen Juden Móric Scharf stützte, der seinen Vater und dessen Kameraden des Mordes an Eszter Solymosi beschuldigte. Nach einem Jahr wurde der Prozess beendet: Die Angeklagten wurden frei gesprochen. Die Aussage von Móric Scharf galt nicht mehr, sie war unter hohem psychischem Druck, vermutlich sogar unter Folter zustande gekommen. Der Vorfall erfasste das ganze Land, überall kam es nach dem Urteil zu antisemitischen Ausschreitungen.

Grotesk‐lyrische Oper in einem Akt
Aufführung in ungarischer Sprache mit deutschen Untertiteln ohne Pause

Musik von Iván Fischer
Libretto von Gyula Krúdy und Lajos Kossuth
Liedtexte von Lajos Parti Nagy
József Gyabronka: Gyula Krúdy
Jonatán: Kovács Móric
Kyra Varga: Eszter
Zsombor Jéger: Kálmán
György Kozma: Färse
N.N.: Ein Mann
Orsolya Sáfár: Die Rote Färse (Sopran)
Zoltán Megyesi: Richter (Tenor)
Tamás Altorjay: József Scharf (Bass)
Máté Novkov: Buxbaum
Krisztián Cser: Lajos Kossuth (Bass)
Schauspielstudenten des 3. Jahrgangs der Universität für Schauspiel‐ und Filmkunst Budapest Chor, Tänzer, Jüdische Gefangene, Wachen und Publikum

Györgyi Szakács: Kostüme
Nóra Patrícia: Kovács Bühnenbild
Bertalan Vári: Choreographie
Eszter Balassa: Assistenz
Tamás Ascher und Kriszta Székely: Regie

Mitglieder des Budapest Festival Orchesters und des Konzerthausorchesters Berlin
Iván Fischer: Leitung

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